Als Überlebenstraining könnte man die sieben Tage getrost beschreiben. Jedoch war es weit mehr, als durch kniehohen Schnee zu laufen, in strömendem Regen ohne Zelt, Isomatte oder Schlafsack zu schlafen oder zu guter Letzt von der Sonne gegrillt zu werden. Sieben Tage Schwarzwald mit den Jungs von EarthTrail, zwölf Teilnehmern und insgesamt 3,5 Kilogramm Gepäck brachten mich das ein oder andere Mal an meine Grenzen – oder vielleicht sogar darüber hinweg.
Überlebenstraining: Schnee im Mai und nix dabei
Nachdem ich gerade noch vor wenigen Tagen bei den Podcast-Rockstars überschwänglich über das Verschieben von Grenzen gesprochen hatte, konnte ich gar nicht so schnell schauen, so plötzlich geriet ich ich genau in diese Situation. Unser ursprünglicher Treffpunkt sollte ein Parkplatz sein, wobei wir nur die Koordinaten kannten – und ehrlich gesagt, bei diesem Wetter war es auch das Beste, was wir zur Standortbestimmung hatten ausmachen können: Eine Sicht unter 25 Meter, kalt und es lag natürlich im Mai Schnee.
Den ganzen Winter über hatten wir auf das weiße Zeug gewartet und nun, ausgerechnet im Mai, zu meinem Survival-Kurs musste es da sein. Gegen 14.00 Uhr: kurzes Abwiegen des Gepäcks. Die Vorgabe galt: nur 3,5 Kilogramm Gepäck inklusive Rucksack. Die Teilnehmer: Zehn Männer im Alter zwischen 20 und 50 und zwei junge Frauen.
Tag eins des Survival-Kurses und die Suche nach dem Ziel
Wir teilten uns in drei Gruppen ein und nach einer intensiven Einweisung zu Karte und Kompass ging es auch schon los. Unsere Aufgabe: Das Lager finden und auf dem Weg dahin den Punkt, an dem ein Teil des Essens für die sieben langen vor uns liegenden Tage aufbewahrt war.
Nach einer halben Stunde konnten wir zum ersten Mal aufatmen, hatten wir doch den Punkt und unseren Proviant gefunden und würden somit nicht verhungern müssen, erstes Ziel erreicht. Dann ging es los zum Lager. Der Weg führte im Schneeregen bergauf und bergab durch den verschneiten Schwarzwald. Nach etwa vier Stunden erreichten wir endlich unser Ziel, mit Einbrechen der Nacht um 9 Uhr abends suchten wir nun einen geeigneten Ort, unser Lager für die erste Nacht aufschlagen zu können. Ich hatte schon schönere Momente erlebt, dachte kurz an Robinson Crusoe, aber der war, wenn auch allein, so doch wenigstens auf einer warmen einsamen Insel unter Palmen gestrandet.
Nachtlager, Schnee, Feuer und kein Schlaf
Neben einem Wassertank fanden wir in unserer Not im Wald einige Planen, so dass wir zumindest versuchen konnten, uns einen Unterstand zu bauen, der das Wasser und den wirklich eisigen Wind abzuhalten vermochte. Wir suchten nach einem geeigneten Ort und mussten schnell mit dem Bau beginnen, da nun wirklich die Nacht hereinbrach. Wir kamen gut voran, auch die zweite Gruppe traf nun an unserem Lagerplatz ein und kümmerte sich darum, ein Feuer zu entfachen. Dies stellte sich als schwierige Angelegenheit heraus, denn alles Holz ringsum war komplett durchnässt. Aber nach einiger Zeit gelang es uns dann doch: Die Technik, das Feuer zu entzünden, war einfach, aber enorm aufwendig, denn das gesamte Holz musste gespalten und nur das halbwegs trockene durfte von innen benutzt werden.
Ganz klein und fein lagen nun also Holzspäne vor dem Unterstand und wir warteten auf die dritte Gruppe. Nach acht Stunden hatte auch diese das Ziel endlich erreicht und war dementsprechend nass bis auf die Haut und fertig. Die meisten von ihnen legten sich sofort in den Unterstand und schafften es, irgendwie einzuschlafen. Ich jedoch saß weiter am Feuer und versuchte, am Morgen gegen 6 Uhr, es dämmerte bereits seit einiger Zeit, wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Doch mit mäßigem Erfolg, um acht Uhr sollte der Tag mit den ersten Übungen losgehen – für den einen oder anderen noch in feuchten Schuhen – aber die uns an diesem Tag gnädige Sonne half uns etwas beim Wärmen.
Unterstand und Bett bauen, Feuer machen ohne Streichhölzer, ohne Feuerzeug
Nun hatten wir etwas Zeit für uns, Unterkünfte und Betten zu bauen – natürlich nur mit dem Wenigen, was uns zur Verfügung stand. Ich kann sagen, ich brauchte noch zwei weitere Tage, bis ich mir ein
Bett aus Gesträuch gebaut hatte, auf dem auch ich endlich etwas zur Ruhe kommen konnte. Der Unterstand wurde nach jeder Nacht neu modifiziert, da wir mit jeder weiteren Nacht mehr Erfahrung gesammelt hatten, was wir anders machen könnten, um besser schlafen zu können. Holz sammelten wir natürlich täglich weiterhin unablässig, um für den Abend und die Nacht vorbereitend genug davon zu haben, um nicht zu erfrieren. Nun auch hatten wir Zeit und Muße, Feuer auf dem schwierigen Wege wie unsere Vorfahren zu schüren, mit viel Aufwand und extrem viel Vorarbeit. Christian und Rene von EarthTrail zeigten uns hierzu unterschiedliche Methoden, vom Feuerstahl bis hin zum Feuerholzbohrer.
Eigene Grenzen
Das tägliche Selbstverteidigungstraining als morgendliche Sporteinheit belebte den müden Körper und Geist. Allerdings kam nun langsam auch der Hunger dazu. Es gab schließlich nur das, was wir am ersten Tag in den drei Tüten an Proviant gefunden hatten: 2,5 Kilogramm Kartoffeln, zweimal Reis (je ein Kilogramm für jeden), einen Apfel, ein Kilogramm Mehl und für jeden eine Tüte Studentenfutter. Das sollte also für sieben Tage reichen! Wasser gab es genügend und wurde auch immer wieder nachgefüllt, so dass wir uns diesbezüglich keine Sorgen zu machen brauchten.
Für mich persönlich war die geringe Nahrung nicht das Problem, kannte ich das doch noch aus der Mongolei oder dem Nepal, aber drei Nächte ohne Schlaf und dann bei diesen kalten Bedingungen, das war echt mehr als nur mal eben an die eigenen Grenzen zu gehen. Zumal sich mit wenig oder kaum Schlaf ja auch die eigene Laune nicht unbedingt verbessert, nun war man aber in einer großen Gruppe hier und es gab Aufgaben, es ging darum, Kompromisse zu finden, als Gruppe zusammen zu arbeiten, auch mal zu zurückzustecken. Hier vielleicht offenbarte sich erst das Ziel dieses Unterfangens. Es war eine spannende Sache zu sehen, wie jeder Einzelne sich immer wieder kurz rausnahm, sammelte und dann wieder der Gruppe zur Verfügung stand. Eines aber kann ich sagen: Es war eine grandiose Truppe, die funktionierte, weil allen klar war, dass es nur zusammen geht! Vielleicht auch, weil alle wussten, dass es nach sieben Tagen beendet sein würde.
Ich kann für mich sagen, mehrfach meine eigenen Barrieren neu entdeckt zu haben und auch zu wissen, wann Schluss ist und wann die Bequemlichkeit ein Ende hat, ohne dass es bedrohlich wird, denn das sind wirklich zwei riesengroße Unterschiede. Und dennoch: Meinen tiefsten Respekt und Dank an alle, die bis zum Ende durchgehalten haben!
Nachtwandeln mal ganz anders
Der krönende Höhepunkt dieses Kurses aber sollte die Nachwanderung sein. Ahnungslos auf einem Parkplatz irgendwo rausgelassen zu werden, ging es nun darum, sich im Dunkeln zurechtzufinden und zurück zum Lager zu gelangen, allerdings ohne befestigte Wege zu nutzen, ohne durch Ortschaften zu laufen. Das war für diese sieben Tage mein Highlight, denn alle Sinne fokussieren sich neu. Am Tage nach einer Karte und Kompass zu laufen ist nicht schwer, aber nachts an einem unbekannten Ort zu sein und dann wieder zurückzukommen oder erst einmal überhaupt zu erkennen, wo man war, das war schon sehr spannend. Ich habe diesen nächtlichen Orientierungslauf sehr genossen und – erst am Morgen gegen sechs Uhr trafen tatsächlich alle wieder im Lager ein.
Survival und Feuerlauf
Auf dem Weg nach Hause, ich hatte ja genug Zeit bei 1200 Kilometern Fahrtzeit, ließ ich das Ganze noch einmal sacken. Neben dem oben Beschriebenen waren wir noch klettern, angeln, lernten was zur Nahrung aus der Natur, Orientierung mit Karte und Kompass und und und… Für diese kurze Zeit war es ein wirklich riesiges Programm. Für nähere Infos sowie weitere Bilder vom Survival hier entlang.
Mal sehen, vielleicht gibt es ja bald ein Mentalsurvival im Angebot, denn ich kann mir ein gemeinsames Seminar mit EartThrail sehr gut vorstellen und so kann es sein, dass es bald ein Training zum Thema Veränderung, unter anderem mit einem Feuerlauf, geben wird. Der Anfang ist jedenfalls gemacht.