Kleider machen Leute. Ist es wirklich so einfach, jemanden an seinen Kleidern zu beurteilen? Oft genug ist es mir passiert, aufgrund von dem, was ich trug, bewertet zu werden. Schade für mein Gegenüber.
Glück für mich, denn nur nach Äußerlichkeiten bewertet zu werden, ist nicht die beste Grundlage für Beziehungen jeglicher Art. Warum müssen Menschen, die in der Bank arbeiten, eigentlich einen Anzug tragen, warum beurteilen Verkäufer ihre Kunden an den Kleidern, die sie tragen? Das habe ich mich oft gefragt.
Urteile nicht über das, was du nicht siehst

Kinder in Nepal
Auf meinen Reisen in den Nepal habe ich viele Schulen besucht und mir ist etwas aufgefallen, was ich hierzulande schon lange nicht mehr erlebt habe. Die Kinder in unseren Schulen tragen alle unterschiedliche Schulsachen, es geht bei dem Füllfederhalter los, der von einer bestimmten Marke sein muss, damit man cool ist und hört bei den Sportsachen auf, die natürlich auch von einer bestimmten Marke sein müssen.
Die Schulkinder sind ab dem ersten Schultag unter Druck, nicht unter Leistungsdruck, nein unter Sozialdruck. Denn es ist eine gewisse Ausgrenzung, wenn ein Schulkind nicht diesen oder jenen tollen Füllfederhalter oder Schulranzen hat, dann ist er schon auf dem Weg zum Außenseiter. Was ist für ein Kind denn schlimmer, als einen neuen Lebensabschnitt zu betreten und aufgrund reiner Äußerlichkeiten gleich unter Druck zu stehen?
Schuluniform als Mittel
Ich spreche hierbei noch nicht einmal von den Kleidungen der Kinder, die von Adidas oder Nike oder sonst einer Marke stammen müssen, sondern nur vom Schulmaterial. Denn es ist ja nicht nur der Druck in der Schule, es geht ja zu Hause weiter, bis hin zu: „Ich will nicht mehr in die Schule“. In den Schulen in Nepal haben die Schulen neben ihren Schulmaterialien auch Schulkleidung. Jede Schule hat unterschiedliche Farben, aber alle Schüler einer Schule haben die gleiche Kleidung an. In Nepal leben die Menschen nach wie vor in einem Kastensystem und trotzdem legen sie Wert darauf, dass die Kinder in der Schule nicht nach sozialer Herkunft, sondern nach ihren Fähigkeiten unterrichtet werden. Es geht eben nicht darum, wer die beste Kleidung hat, sondern jedes Kind ist gleich und die Kinder untereinander bewerten sich nicht danach, sondern finden Freunde über Empathie.
Demut als Schlüssel
Ich bin kein Verfechter von Schuluniformen oder Reglementierungen, aber ich würde es doch sehr begrüßen, wenn alle Kinder die gleiche Chance in der Schule bekommen. Denn nicht nur Kinder urteilen, auch Lehrer lassen sich beeinflussen. Ich hab das selbst erfahren dürfen während meiner Abiturzeit.
Glücklicherweise wurden unsere Abiturarbeiten von einem Lehrer aus einer anderen Schule korrigiert, der kein Bild zu den Namen auf den Arbeiten hatte und siehe da, meine Prüfungsnote wurde um eine ganze Note nach oben gesetzt von ihm. Er korrigierte meine Arbeit und beurteilte mich neutral.
Natürlich gibt es auch Lehrer, die sehr wohl darauf achten und den Kindern Demut vermitteln. Ich denke es bedarf vieler solcher Lehrer und vielleicht sogar einem Schulfach – Demut. Hier sollte vermittelt werden, dass das Leben aus mehr besteht als Garderobe, es sollten Werte vermittelt werden, die jedem Menschen ein Leben ermöglichen, unabhängig seines Aussehens, seiner Sexualität, Hautfarbe, Herkunft. Demut, Empathie, eigene Werte und Normen, leben und leben lassen, das sind die Schlüssel für eine entspannte Zukunft mit fairem Umgang.
Lust auf einen Versuch

Ole zweierlei
Geh doch mal in ein Autohaus und sieh dir Autos an, geh in T-Shirt, Turnschuhen und Jeans und eine Woche später im Anzug und Lederschuhen dahin und sieh, was passiert. Ich habe exakt das gemacht, allerdings nicht als Test, sondern weil ich wirklich ein Auto kaufen wollte. Turnschuhe, T-Shirt und Jeans schienen nicht die richtige Garderobe für dieses Autohaus zu sein, mir wurde – ohne dass ich auch nur irgendetwas sagen konnte was, ich wolle – mitgeteilt, dass die Gebrauchtwagenabteilung nebenan sei. Es war also total unvorstellbar, wie jemand mit solcher Kleidung sich einen Neuwagen kaufen wollte.
Schaut man sich erfolgreiche Menschen an, wird einem eines schnell klar, sie legen keinen Wert auf Etikette, sondern sie sind, wer sie sind. Einen teureren Maßanzug, eine teure Uhr, teure Schuhe werden sie sicherlich auch tragen, jedoch nicht, um damit ihrem Gegenüber etwas beweisen zu wollen. Der Erfolg liegt eben auch genau darin, sich nicht in Garderobe zu zwängen, die einem nicht gefällt beziehungsweise. Jemanden darstellt, der man gar nicht ist. Denn, wie sagte mir ein guter Freund, die Kleidung ist eine Facette des ersten Eindrucks, für den es keine zweite Chance gibt, aber der letzte Eindruck ist der bleibende.
Der Betrachter macht die Leute, nicht die Kleider
Solange der Betrachter nur über die Kleider in die Bewertung von Menschen kommt, wird er niemals den wahren Kern eines Menschen kennen lernen. Denn dies ist ein Wechselspiel, der Betrachter beurteilt nach was er gelernt oder vorgelebt bekommen hat. Sein Gegenüber kennt dieses System auch und bedient es.
Ich habe schon so viele Leute erlebt, die dachten, ein Anzug und der Erfolg kommt von allein, ein Foto mit einer Berühmtheit würde reichen und schon sei man selbst berühmt, doch nein, nichts dergleichen. Es hilft eben nicht, sich zu verstellen, denn nur wer echt ist, wird auch erfolgreich sein. Daher werden Menschen, die andere kopieren, auch niemals den fremden Erfolg haben. Habt den Mut, seid wer ihr seid, erkennt euch, lernt euch zu schätzen, geht euer Tempo und zeigt der Welt:
KLEIDER SIND EBEN KEINE MENSCHEN!!!!